Montag, 28. Mai 2012

Vierter Blogeintrag


Madibeng School Project

Nach rund 6 Monaten unseres Jahres hieß es endlich, dass wir uns bei Lust und Laune zusätzlich zu unserer Arbeit im Kinderheim vormittags neue Projekte suchen können. Da habe ich schon die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt in einer Schule im Township zu unterrichten. Zum einen spukt schon seit geraumer Zeit das Hirngespinst Lehrer zu werden in meinem Kopf herum, zum anderen hat es mich sehr interessiert einmal zu sehen wie südafrikanische Schulen denn so funktionieren. Nach  gut drei Monaten konnte ich meinen Plan nun endlich in die Tat umsetzen.

Allerdings hat es eine ganz schön lange Anlaufzeit gebraucht bis ich nun seit gut zwei Wochen wirklichen „Unterricht“ geben kann. Dazu hatte die berühmte südafrikanische „wenn-nicht-heute-dann-morgen-oder-lieber-nächsten-Monat“ Einstellung einen großen Anteil. Während ich mich im Alltag schon komplett mit dieser gelasseneren Lebenseinstellung angefreundet habe und der deutschen „Korrektheit“ auf jeden Fall vorziehe, hat sie mich in diesem Fall teilweise echt zur Weißglut getrieben.

Joyce, Thami und Samuel - alle bei Abraham Kriel
Nachdem ich mich dem Direktor der Madibeng Primary School in Ikageng, in die auch ein paar meiner Jungs gehen, vorgestellt habe wurde es sehr schnell klar was ich denn in der Schule machen könnte. Und zwar gäbe es einige Computer und ich könne doch Computer-lessons geben. Davon war ich auch sofort überzeugt, vor allem nachdem ich einen Blick auf diese Computer geworfen habe. Zwar hat die Schule wirklich eine gute Ausstattung, allerdings wurde diese seit wahrscheinlich rund fünf Jahren nicht mehr benutzt und der „Computerraum“ wurde teils als Abstellkammer und teils als Ersatzklassenzimmer benutzt. Also hab ich mich daran gemacht erst einmal die Computer zu entstauben und mit einem PC-Fachmann wieder zu verbinden und alles wieder in Schuss zu bringen. Und dann habe ich gewartet. Ich habe ausgemacht immer Dienstag und Freitags ein paar der höheren Klassen zu unterrichten und ihnen die „basics“ in Sachen Computer zu zeigen. Also bin ich Dienstag und Freitag immer vormittags in die Schule gekommen und habe nach einem timetable gefragt und darauf gewartet, dass ein weiterer Fachmann kommt der das immer noch nicht funktionierende Netzwerk wiederherstellt. Ich glaube den Satz „we`re still waiting for that guy, he didn`t come“, habe ich jetzt schon gefühlt an die  zehntausend Mal gehört. Aber mit dem Wissen, dass wenn ich das jetzt nicht starte, die Computer auch noch die nächsten fünf Jahre in dieser Schule verstauben werden, bin ich einfach immer wieder gekommen.

Und wie schon gesagt seit rund zwei Wochen habe ich endlich wenigstens meinen Stundenplan und mache mit allen 5ten bis 7ten Klassen Computerunterricht. Das macht soweit auch richtig Spaß auch wenn alles noch ein bisschen chaotisch ist, da noch keine Klasse so recht weiß wann sie Unterricht bei mir haben und manche Klassen zwischen 40 und 50 Schüler haben. Außerdem wartet der Direktor, aber hauptsächlich eher ich, immer noch auf den „guy“ der das Netzwerk wiederherstellen soll, sodass ich bis jetzt leider immer nur noch Theorie machen kann. Aber immerhin – „it`s getting there!“

"mein" Computerraum in Aktion
ein paar der Madibeng-Kids aus dem Kinderheim und ich

CAFCA-music-project

Ein weiteres Project, das mehr oder weniger „zu mir“ kam, ist das CAFCA-music-project. CAFCA steht für „comitted artist for cultural advancement“ und ist ein Projekt aus Pretoria, bei dem Musiker auf freiwilliger Basis Kindern aus armen Verhältnissen, also meist aus dem Township, Musikunterricht geben. In anderen Städten, wie z.B. Pretoria, ist dieses Projekt auch schon so lange am Laufen, dass die Schüler auch schon richtig gut Instrumente spielen können und ganze Big Bands bilden. Und das obwohl bei jedem Schüler meist komplett bei null angefangen wurde. Ziel von CAFCA ist es, natürlich neben gute Musiker auszubilden auch die Kinder „von der Straße“ zu bekommen, sprich von dummen und kriminellen Aktionen abzuhalten und ihnen einfach was zu ermöglichen, wozu sie sonst nicht die Möglichkeiten hätten. In keiner Schule des Landes steht nämlich simpler Musikunterricht wie man ihn in Deutschland kennt auf dem festen Lehrplan.

Auf jeden Fall kam vor ein paar Wochen ein gewisser Mr. Molekane zu mir ins Kinderheim und hat mir CAFCA vorgestellt. Offenbar hatte er von einer anderen deutschen Freiwilligen, die mittlerweile schon wieder in Deutschland ist, von dem Kinderheim und per Zufall von meinen Gitarrenstundenversuchen gehört. Und er war von der ganzen Idee so viele Kinder wie möglich aus Abraham Kriel in das Projekt zu integrieren begeistert. Zugegebenermaßen hat es einige Zeit gedauert, bis er auch mich von der ganzen Geschichte begeistern konnte aber mittlerweile bin ich das auf jeden Fall!

Gift (einer meiner Jungs)
und einer der CAFCA-Lehrer
Wir machen nun mit 34 unserer Kinder,  Mittwochs hier im Kinderheim und Samstags im Township mit anderen Kindern aus Ikageng, die auch an dem Projekt teilnehmen, regelmäßig Musikstunden. CAFCA Potchefstroom steht im Gegensatz zu den Partnern in  anderen Städten noch ziemlich am Anfang. Genau das hat mich am Anfang ein bisschen skeptisch werden lassen, da noch so ziemlich überhaupt nichts organisiert war. Aber im Prinzip ist es genau richtig mit dem Kinderheimkindern am Anfang einzusteigen, so kann man mit dem ganzen Projekt wachsen. So hat mir das Flora, die mir bei der ganzen Organisation eine große Hilfe war, erklärt und ich muss ihr recht geben. Mittlerweile hat CAFCA uns sogar für fast jeden unserer Schüler einen „recorder“, also eine Blockflöte, gekauft und diese hat Mr. Molekane sogar aus eigener Tasche bezahlt. Er ist immer noch so begeistert von unseren Kids, dass er sogar den CAFCA-Leiter aus Pretoria schon ein paar Mal zu Stunden nach Potch geholt hat und dieser sich von der Begeisterung anstecken hat lassen. Was hier auch ein bisschen mitspielt, ist die Tatsache, dass die CAFCA-Lehrer sich richtig freuen, dass erstmals eine „gemischte“ Klasse zusammen gekommen ist, sprich schwarze und weiße Kids. Was für uns natürlich überhaupt keine Rolle spielt, ist für die Musiklehrer dagegen was Neues und zwar eine super Sache in Richtung Integration und so weiter.
Mr. Molekane (oben) beim Unterricht im Kinderheim

Ich habe sowieso das Gefühl, dass im Kinderheim so wie kaum woanders das Thema Hautfarbe überhaupt keine Rolle spielt. Zwar hat das eher den traurigeren Hintergrund, dass Eltern einfach egal welcher Hautfarbe in ihrer Elternrolle Totalversager sein können. Allerdings  find ich es einfach genial mit anzusehen, dass Alec als Schwarzer für ein „Burenkind“ so das absolute Vorbild sei kann, wo findet man das in diesem Land sonst?? Und in welchem Land sonst muss man über diese Thematik eigentlich so viel nachdenken wie hier…

Aber ich will jetzt auch nicht zu viel versuchen darüber zu philosophieren, jedenfalls habe ich vor Kurzem das erste Mal in meinem Leben Blockflötenunterricht gegeben und dass obwohl ich nur kurz zuvor das erste Mal eine Blockflöte in der Hand gehalten habe! :D

Auf jeden Fall hat dieses Projekt einiges an Potenzial und die Kids sind bis jetzt auch noch ziemlich Feuer und Flamme!
Thabo (auch aus Moria) während einer Unterrichtsstunde
in der Phaladi-School in Ikageng

Während dem Blockflötenunterricht im Kinderheim
(Supa, Felix, Jakes und Lucky, von links)


Sonntag, 15. April 2012

Dritter Blogeintrag

Zwei Drittel sind rum… und der Winter steht vor der Tür!


Irgendwie schon ein bisschen erschreckend: Ich bin jetzt tatsächlich schon 8 Monate hier und in vier Monaten geht es „schon“ wieder zurück nach Deutschland. Hat schon ein bisschen was von Endspurt und ich bin mir ziemlich sicher, dass diese vier Monate so schnell vorbei sein werden, so dass ich 14. August ins Flugzeug steigen werde und mich frage: „Ist es wirklich schon soweit?“

Noch dazu steht jetzt auch noch der Winter an, als wir letzte Woche aus unserem Urlaub aus Mozambique zurückkamen (nebenbei bemerkt ein absolutes Hammer-Land!), wurden wir erst mal von einer eisigen Kälte Frühmorgens in Potch überrascht. Nach Tropen-Temperaturen in Mozambique war das schon erst mal ein ganz schöner Schock und es ist gerade mal Herbst… Naja zumindest tagsüber ist es noch schön warm, sodass ich natürlich nach wie vor in kurzer Hose und T-Shirt rumlaufen kann,  nur sobald die Sonne untergeht wird’s kalt… sehr kalt.



Aber jetzt erst einmal zurück zu den letzten Monaten: Wieder ist so viel passiert, dass ich gar nicht alles hier erwähnen kann, also beschränke ich mich nur auf die „Highlights“. Nach unserem Sommerurlaub, von Potch mit dem Bus nach Capetown und zurück die Küste entlang nach Durban, war es auch echt wieder super ins Kinderheim zurückzukommen. Und das neue Schuljahr nach den Sommerferien hat mit einigen Veränderungen in meinem Haus Moria gestartet. John Njanjala, der prefect des letzten Jahres ist leider nicht mehr da, dafür hab ich vier neue Jungs bekommen. Zwei Brüderpaare zwischen 10 und 13, die auf jeden Fall einigen frischen Wind nach Moria gebracht haben! Aber die vier hab ich schon jetzt so ins Herz geschlossen, als wären sie schon die ganze Zeit da gewesen.

meine Jungs, Alec und ich

Auch im Alltag des Kinderheims hat sich was getan, durchs „Wiederaufnehmen“ des Youth-Clubs und des Snoopies, ein kleiner Süßigkeitenladen für die Kids. So ist ein bisschen mehr Abwechslung eingekehrt. Nachdem wir schon ein paar Partys für die großen Kids veranstaltet haben, ein Highlight war eine große Valentinsparty im Februar,  gibt es jetzt seit ein paar Wochen wieder wöchentlich den Youth-Club. Dieser wurde schon von den vorherigen Freiwilligen eingeführt, leider wurde uns erst nach 6 Monaten gestattet diesen weiterzuführen. Aber jetzt läuft er – jeden Montag gibt es einen Juniors-Youth-Club, für alle „Kleinen“ im Kinderheim, bei dem wir Spiele machen entweder in der Hall oder draußen. Danach den Seniors-Youth-Club am Abend, wo die größeren Kids zusammenkommen um zu tanzen, zu quatschen oder einfach mal zu genießen, dass Mädels und Jungs zusammen rumhängen können. Zum Beispiel suchten wir an einem Tag Abraham Kriels „best dance crew“ und bei den Tanztalenten der Kids war das eine echt ziemlich beeindruckende Geschichte!

Außerdem hab ich mit meinen Gitarrenstunden wieder begonnen; nachdem ich zugegebenermaßen in den ersten Wochen nach den Ferien das Ganze ein bisschen schleifen ließ, klemm ich mich jetzt wieder voll dahinter. Das Ziel ist noch ein zwei kleine „Konzerte“ geben zu können, also müssen die Jungs jetzt richtig ranklotzen.
guitar lesson
Im Februar hieß es dann Halbzeit, dazu sind wir weltwärts-Freiwilligen alle nach Takwasa zu unserem Zwischenseminar gefahren. Hier haben wir auch die anderen Freiwilligen, von den anderen Projekten des DSJW wiedergetroffen. War richtig interessant sich mit den anderen über die verschiedenen Projekte auszutauschen und sehr lustig nach 6 Monaten wieder zusammen ein paar Abende zu verbringen.



Ein besonderes Highlight war der 17. März, als in Johannesburg der Kracher Orlando Pirates vs. Kaizer Chiefs im Soccer-City-Stadium, dem Finalstadion der WM 2010, lief. Dieses Spiel ist DAS Derby des Südafrikanischen Fußball, also sozusagen das Pardon zu Dortmund gegen Schalke in Deutschland. Auf jeden Fall haben wir deutschen Jungs mit den Manieren organisieren können 20 von uns ausgewählte Jungs mit ins Stadion zu nehmen und das Spiel mit 87 000 anderen live zu verfolgen. Und das war echt ein Erlebnis! Wir als „verwöhnte“ Bundesliga-Verfolger hatten uns schon auf ein langweiliges 0:0 oder 1:0 eingestellt, doch dann drehen beide Mannschaften auf und legen ein absolut spannendes 3:2 an den Tag. Natürlich für Orlando Pirates, welche wir Germans als "unser" Team auserkoren haben. Unsere ganze Truppe, mit den Jungs, den Manieren und uns, war allerdings in zwei Lager gespalten, was die Spannung noch einmal vergrößert hat. Und die ganze Stimmung im Stadion war der absolute Hammer! Obwohl die beiden Teams größte Rivalen sind und man immer mal wieder ein paar Sprüche von einem Pirates-Fan zu einem Chiefs-Anhänger oder umgekehrt hören konnte, haben alle 87 000 im Stadion zusammen getanzt. Obwohl wir ein bisschen die deutsche Stadionatmosphäre vermisst haben, war es doch richtig stark bei dieser einzigen großen Party dabei zu sein – und mit den unzähligen Vuvuzelas kam so ein bisschen WM-Feeling auch wieder auf.
vor dem Soccer-City-Stadium

Wilderness-Camp


Sicherlich eines der prägendsten und beeindruckendsten Erlebnisse in meinem Jahr hier, war das Wilderness Camp vor rund einem Monat. Das Camp ist auch eine Sache, die schon die letzten Jahre stattgefunden hat und wir sehr froh sind  auch dieses Jahr wieder eins auf die Beine gestellt zu haben. Auf das Wilderness-Camp wird immer eine Gruppe von ungefähr 15 entweder Mädchen oder Jungs des Kinderheims mitgenommen, mit der Absicht sie an ihre physischen, aber besonders an ihre emotionalen Grenzen zu bringen. Alle Kinder im Kinderheim sind aus einem bestimmten Grund im Kinderheim. Wenn man im Alltag mit den Kids zusammenarbeitet vergisst man das schon öfters mal, aber gerade durch das Camp wurde uns allen das wieder bewusst. In der Kindheit und im Elternhaus ist also irgendwas schief gelaufen, weswegen die Kids ins Kinderheim gekommen sind. Meist haben sie hier im Kinderheim nie die Chance über ihre Vergangenheit nachzudenken, geschweige denn mit  ihr abzuschließen, da sie einfach immer von anderen Kindern umgeben sind. Das Camp bietet dagegen solch eine Gelegenheit.

Wir haben 14 Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren mitgenommen, alle zufällig nur nach Alter und der Tatsache, dass sie noch nicht auf einem Camp waren, ausgewählt. Neben längeren Märschen, auf denen jeder sein Gepäck, sowie Zelte, Wasser, Essen eben alles was man für ein paar Tage in der Wildnis so braucht tragen musste, mussten die Mädels auch selber Essen machen, Lagerfeuer machen und das alles im Wettlauf gegen die Sonne, also bevor es dunkel wird. Natürlich immer auf der Hut vor Schlangen und Spinnen und ohne Dusche oder Toilette usw.


Außerdem wurden die Mädels auf die sogenannten Solos geschickt. Hier bekamen sie mehrere Stunden Zeit um für sich zu sein, über sich nachzudenken und natürlich auch über ihre Vergangenheit nachzudenken und ihre Gedanken im „diary of pain“ festzuhalten. Während des Camps haben wir die Mädchen auch die ganze Zeit auf den Höhepunkt vorbereitet, die „peace-exercise“ am letzten Abend, das sogenannte „sharing“. Wir haben den Mädels klar gemacht, dass von jedem von ihnen erwartet wird, dass sie „sharen“ werden, also über ihre Vergangenheit und was mit ihnen passiert ist erzählen werden. Uns war natürlich allen bewusst wie viel das von den Mädchen abverlangen wird und die Reaktionen waren dementsprechend negativ auf unsere Ankündigung, dass es ein solches Sharing geben wird. Nichtsdestotrotz ist es von großer Bedeutung gewesen, dass alle Mädchen sich wirklich mitteilen werden, damit sie eine Chance haben mit dem Erlebten abzuschließen, es nicht zu vergessen, aber abzuschließen und wieder nach vorne schauen zu können.


"circle of invisibility"

Als es dann zum Sharing kam war bei uns Facilitators als auch bei den Mädchen die Anspannung riesig. An einem von uns ausgewählten, besonderen Ort, mit einem Lagerfeuer und der goldenen Regel „was auf dem Camp erzählt wird, bleibt auf dem Camp“, haben sich dann auch wirklich alle Mädchen geöffnet und ihre Geschichte geteilt, was einer der bewegendsten Momente überhaupt für mich war. Am nächsten Morgen gab es dann das „funeral“, symbolisch hat jeder seinen Namen auf einen eigens ausgewählten Stein gemalt und an einem Ort, den die Mädels ausgesucht haben, wurde dann aus den Steinen ein „monument“ gebildet. Mit dem Ablegen des Steines sollte symbolisch die Vergangenheit abgelegt werden um eben nach vorne zu schauen und weitergehen zu können.

Insgesamt war das Camp ein voller Erfolg, nicht nur dass die „peace-exercise“ geklappt hat, sondern wie die einzelnen Mädels sich gemacht haben war der Wahnsinn. Bei den Vorbereitungen mussten wir uns oft ein ziemliches Rumgemeckere anhören, von wegen „Was?? Keine Dusche? Ich geh hier nicht mit!“, aber am Ende waren alle Feuer und Flamme und wären gerne noch länger auf dem Camp geblieben. Uns eingeschlossen, denn es war eine willkommen Abwechslung zum Kinderheim-Alltag, außerdem mal wieder Landschaftstechnisch eine Augenweide und richtig cool mal ein paar Mädels aus dem Kinderheim kennen zu lernen, da wir ja hauptsächlich nur mit Jungs zu tun haben.

5 o`clock, watching the sunrise...


Tshwaragang-Garden-Project

Ein eher trauriges Beispiel der Nachhaltigkeit der Projekte hier in Südafrika ist das Tshwaraganang-Project in Ikageng. Dieses Project ist für behinderte Kinder um die sich von engagierten alten Damen gekümmert wird. Die letztjährigen Freiwilligen haben hier einen Garten angelegt, um den Speiseplan ein bisschen abwechslungsreicher zu gestalten und Geld für Gemüse etc. zu sparen. Sie haben sich auch echt viel Mühe gemacht, einen Stacheldrahtzaun aufgezogen, um mögliche Gemüse-Diebe abzuhalten und so weiter. Als wir vor ein paar Wochen und das Projekt angeschaut haben, war der einst ordentliche Garten aber ein reinster Dschungel. Es hat sich einfach niemand mehr um den Garten gekümmert, so dass alles gewuchert ist wie sonst was und der Zaun an einigen Stellen kaputt war. Also haben wir wieder von vorne angefangen, alles platt gemacht, neu gesäht und den Zaun repariert. Mittlerweile sieht der Garten auch schon wieder richtig gut aus und die ersten Karottenpflänzchen sprießen schon.  Unsere größte Aufgabe wird allerdings sein uns darum zu kümmern, dass wenn wir wieder weg sind, sich jemand um den Garten kümmert, dass nicht das gleiche passiert wie letztes Jahr.

Ich werde mich allerdings aus dem Projekt wieder ausklinken, da ich entschieden habe ein Projekt in einer Schule in Ikageng zu starten. Nächste Woche fange ich an regelmäßig vormittags, wo wir sowieso immer frei haben, in eine Schule zu gehen und ein bisschen zu unterrichten. Sobald das ein bisschen angelaufen ist, werde ich auch davon berichten!
vorher...
(der kleine Gantse, auf Deutsch "Es ist genug", Chris und ich)
... und nachher!

Louis und Gantse, echt unser fleißigster Helfer!


Dienstag, 20. Dezember 2011

zweiter Blogeintrag

Frohe Weihnachten!


Absolut verrückt, man sitzt am Pool, schmilzt gerade weg bei 36 Grad und muss sich bewusst machen, dass in ein paar Tagen Weihnachten ist. Alles in allem wird das vermutlich das merkwürdigste Weihnachten, das ich je hatte, geplant ist ein `lekker Braai‘ am Pool mit den noch übrig gebliebenen Kids. Die meisten sind über die Sommerferien, welche Anfang Dezember begonnen haben und bis Mitte Januar noch dauern, nach Hause oder zu „Ferienfamilien“ gegangen, so dass nur noch eine Handvoll Kids übrig sind. Zusammen mit Louis, Fiete und Chris mache ich die Kleinen von denen im Moment nur noch 12 da sind. Da ich normalerweise hauptsächlich ältere Jungs hab und meine Kleinen fast komplett weg sind über die Ferien ist das für mich eine super Gelegenheit auch einmal die Jungs von den anderen Häusern näher kennen zu lernen. Und da all die täglichen Routinen während der Schulzeit wegfallen, bleibt einem auch sehr viel Zeit um mit den Kids herumzualbern, was mit den Kleinen einfach tierisch Spaß macht! :D Außerdem haben wir auch ein Ferienprogramm uns überlegt, so dass wir ein paar coole Aktionen starten können, wie zum Beispiel ins Kino zu gehen, eine Poolparty mit „skinny Dip“ zu schmeißen oder nach Johannesburg in den Zoo zu fahren. Heute zum Beispiel kamen ein paar Polizeiautos, ein Feuerwehrauto, Krankenwägen und ein Polizeihelikopter zu Besuch und haben den Kids die ganzen Gerätschaften gezeigt, was vor allem die kleinen Jungs richtig gefeiert haben. Außerdem wollen wir die Wochen noch mit den Jungs eine Nacht campen gehen und dann ist auch schon Weihnachten da! Alles in allem genieße ich die Zeit gerade richtig, vor allem immer mit der Aussicht auf den 28. Dezember im Hinterkopf: Da geht’s für uns Jungs nämlich runter nach Kapstadt, da endlich unser Urlaub anfängt. Und wir gehen die Sache doch mit recht großen Erwartungen an, da uns von allen ehemaligen Freiwilligen der Sommerferienurlaub als DER stärkste Urlaub schlechthin angepriesen wurde! :D Nach vier Tagen Kapstadt, wo wir auch Silvester feiern werden, geht es dann die Küste wieder hoch zurück nach Potch. Aber davon werde ich auf jeden Fall noch ausführlich berichten, wenn wir wieder da sind.



im Zoo in Joburg
Eine Sache, die uns erzählt wurde und sich auf jeden Fall bewahrheitet hat, ist dass man drei ca. drei Monate braucht um richtig reinzukommen und sich einzuleben. Und nach den mittlerweile vier Monaten hier kann ich das wirklich zu hundert Prozent unterstützen. Nicht nur, dass man mittlerweile in allen Routinen des Kinderheims vollkommen drin ist, die Arbeit einfach selbstverständlich geworden ist und man sich weit weniger stresst als zu Beginn und man immer mehr Leute kennen lernt  – mittlerweile ist dieses Land einfach zu einer zweiten Heimat geworden. Auch erhält man immer öfter einen Einblick in die verschiedenen Kulturen dieses Landes, wofür ich extrem dankbar bin und was ich sehr feier. Was das ganze so brisant macht, ist einfach immer noch der große Unterschied zwischen schwarz und weiß. Und wir bekommen auch von beiden Seiten sehr viel mit, was sehr wichtig ist um das ganze irgendwie fassen zu können. So waren Louis und ich zum Beispiel  vorletztes Wochenende auf einer Farm in der Nähe von Kimberley eingeladen und die Familie, bei der wir zu Gast waren, war einfach durch und durch „burisch“. Allein die Farm, ein rießiges Stück Land auf dem Viehzucht betrieben wird und auch eine Diamantenmine betrieben wird ist genau das, was die „Buren“ des Landes ausmacht: Wie zu den ersten Besiedlungszeiten sind die Leute hier einfach Bauern und suchen nach Bodenschätzen. Natürlich den heutigen Zeiten angepasst, so befinden sich einfach Quads und Jetskis im Besitz der Familie, welche wir auch fahren durften und einfach unglaublich Hammer sind! :D Insgesamt wurde uns gegenüber unglaublich viel Gastfreundschaft entgegengebracht und das alles obwohl wir die Bekanntschaft mit der Tochter des Familienoberhaupts erst vor Kurzem gemacht haben und wir die Leute überhaupt nicht kannten. Aber wir wurden herzlich zum Braai mit der ganzen Familie eingeladen und neben Quad und Jetski stand auch eine Kajaktour auf einem unglaublich schönen Flusslauf, welcher auch noch zu der Farmfläche gehört auf dem Programm. Und es war echt sehr interessant einen Einblick in das Farmleben zu haben, die ganze Familie steht sich sehr nahe, die drei Söhne sind alle auf der Farm geblieben um im Familienbetrieb zu arbeiten und haben zum Teil auch ihre eigene Familie schon mitgebracht. Aber trotz all der Gastfreundschaft hab ich mich da nicht so wirklich wohl gefühlt, die Einstellung ist einfach komplett anders zu allem was man kennt und eben typisch „burisch“.

Quad-Fahren in der Diamanten-Mine
So gehen zum Beispiel  alle Männer der Familie auch gerne auf dem eigenen Land jagen und zu bestimmten Themen haben wir lieber geschwiegen, welche sich – natürlich – auf die Thematik schwarz und weiß bezogen haben. Laut dem Vater, dem im wahrsten Sinne des Wortes Familienoberhaupts, zum Beispiel ist es durchaus in Ordnung mit „black people“ befreundet zu sein, aber man sollte sich nicht mit ihnen vermischen, das heißt heiraten etc. Ein Spruch hat mich echt schlucken lassen: „I believe that God made the blacks and the whites separated.” Ohne Worte…  Natürlich hab ich mir einen Kommentar dazu lieber gespart, aber nach diesem Wochenende habe ich auf jeden Fall wieder eine „schwarze Erfahrung“ gebraucht! 


So kam es perfekt, dass wir von Alec, meinem child care worker, und dessen Frau Flora zu einer Hochzeit in Ikageng eingeladen wurden. Und das war einfach unglaublich und unbeschreiblich. Allein das Gefühl, wenn man ins Township fährt ist der Wahnsinn. Es ist immer etwas los, überall sind Leute unterwegs und vor allem am Wochenende sitzen überall die Leute im Garten, auf der Straße vor dem Haus und machen das, was so etwas wie das Motto des Townships ist und das Lebensgefühl der Leute super widerspiegelt: „They are enjoying themselves!“  Man fühlt sich einfach wohl wenn man nach Ikageng fährt… Die Hochzeit war auch sehr stark zu erleben, einfach neben dem kleinen Haus in einer nicht sehr reichen, aber auch nicht sehr armen Gegend Ikagengs war im Garten ein Zelt aufgebaut, laute Musik und lauter tanzende Menschen. Und wieder wurden wir unglaublich gastfreundlich empfangen, aber diesmal irgendwie sehr viel wärmer und „ehrlicher“. Es wurde uns sofort Essen angeboten, die Leute waren sehr interessiert an einem und die Atmosphäre war der Hammer, vor allem da man einen super Ausblick auf das Lichtermeer Ikagengs hatte. Eigentlich wollten wir dann mit ein paar Kumpels von Alec noch ein bisschen feiern gehen, aber sind dann bis zwei Uhr nachts oder so bei der Hochzeit geblieben, weil das einfach auch Feier pur war. Die Leute haben so viel getanzt und nicht einfach nur getanzt – der Ausdruck „den Rhythmus im Blut haben“  bekommt in Südafrika eine ganz andere Bedeutung. :D Selbst die kleinen Kinder können sich Hammer bewegen so dass man sich daneben mit seinen Tanzbewegungen echt wie der letzte Idiot fühlt. :D Dann wurde uns auch noch ein selbstgebrautes Bier angeboten, was man leider auch gleich mehrmals probieren musste und, naja sagen wir mal sehr interessant gescheckt hat. Ich will gar nicht wissen was da alles reingepanscht wurde, die Info das Pineapples und zwei Tage Brauzeit eine Rolle spielen hat mir vollkommen gereicht. :D
Auf der ersten Hochzeit zusammen mit Collin (ein Kumpel von Alec),
 Louis, mir und Flora

Flora und Alec

Das war die zweite Hochzeit, auf die uns Alec und Flora mitgenommen haben, die erste war schon etwas reicher, aber die Tänze und die Gastfreundlichkeit waren auf jeden Fall die gleichen. Auch suchen wir mittlerweile immer öfter den Weg ins Township und man lernt immer mehr Leute kennen und in Ikageng lässt es sich einfach um einiges besser feiern gehen als in den üblichen „weißen Clubs“.

Meine bislang wohl doch prägendste Erfahung hatte ich mit John Njanjala, meinem ältesten Jungen, der mittlerweile leider aus dem Kinderheim raus ist. Er hat dieses Jahr die Schule abgeschlossen und fängt nächstes Jahr einen Job an, dem ihn Laurens, der social worker und sozusagen „Marketing-Chef“ von Abraham Kriel und auch privat ein super lustiger Typ, verschafft hat. Das ist schon eher unüblich, aber Njanjala ist einfach ein klasse Kerl. Ich habm ich auch sehr gut mit ihm verstanden, der Junge ist einfach super lustig und immer gut drauf gewesen. Ich hab mit ihm zusammen auch eine Abschlussrede für das Price-Giving seiner Schule geschrieben, da er das letzte Jahr Headboy seiner Schule war, was schon alles sagt. Mussten wir auch sehr oft zusammen üben, die Rede, aber als es ernst wurde hat er es super hinbekommen, ich  war schon ein bisschen stolz. ;) Auf jeden Fall hab ich ihn dann an seinem letzten Tag im Kinderheim nach Hause gefahren, zu seiner Schwester nach Ikageng. Da hat er mir auch das Haus gezeigt in dem er aufgewachsen ist. Und das waren schon echt sehr arme Verhältnisse, vor allem mit einem Vater, der sich kaum um ihn schert und immer Geld von ihm will wenn er ihn sieht und ein echt kleines Häuschen. Das macht es nur umso beeindruckender, wie der Kerl sich gemacht hat und seine Einstellung zum Leben und ich bin echt froh, diesen Kerl kennen zu dürfen und auch stolz von ihm sein Elternhaus gezeigt bekommen zu haben.

So kurz vor Weihnachten wird man auch ein bisschen nostalgisch, man vermisst schon seine Leute zu Hause, seine Familie und die Freunde, auch wenn ich hier so super Menschen kennen lerne und wir Deutschen, vor allem wir vier Jungs, uns super stark verstehen! Ich weiß nicht ob ich es schon erwähnt habe, aber ich fühle mich doch schon sehr wohl hier in Südafrika. ;)

Euch allen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch, werde an euch alle von Kapstadt aus denken!

                                   



Ein paar von meinen Jungs und ich nach dem Price-Giving
der 'die Wilge - school' (rechts neben mir John Xolile Njanjala)
 
Schools-out-party für die größeren Kids mit dem Motto Bad-Taste
ebenfalls von besagter party


Montag, 7. November 2011

erster eintrag


Soo, nach nun immerhin schon fast drei Monaten ist er schon längst überfällig: Mein erster Blogeintrag aus Südafrika! Einerseits ist es echt erschreckend, wie schnell die Zeit hier vorbeigegangen ist - knapp ein Viertel des Jahres ist schon wieder rum. Andererseits fühlt es sich aber auch so an als wäre man schon ewig hier, Deutschland ist echt weit entfernt.


der Eingang zum Kinderheim

Ich arbeite hier als Child Care Worker im Abraham Kriel Children`s Home in Potchefstroom. Potch ist eine kleine Unistadt mit ca. 150 000 Einwohnern, 120 km südwestlich von Johannesburg. Man bekommt hier so ziemlich alles was man braucht, es gibt eine Mall, ein Hospital und zig Schulen und Kirchen. Und natürlich die Uni. Potch ist aber noch sehr konservativ geprägt, also insgesamt noch sehr „burisch“. Bis auf das Township, Ikageng, natürlich, welches nur von der schwarzen Bevölkerung bewohnt wird. Leider komme ich nicht so oft nach Ikageng, da das Kinderheim in Potch liegt, aber Ausflüge dahin lohnen sich auf jeden Fall!



Ich arbeite hier in dem Haus Moria. Insgesamt gibt es neun Häuser im Kinderheim, fünf Mädelshäuser (Eben, Omega, Hebron, Harvestland und Immanuel) und vier Jungshäuser (Alfa, Betel, Samuel und eben Moria). In jedem Haus leben so zwischen 20 und 25 Kids, altersmäßig vollkommen durchgemischt. Mein Haus ist eins der ältesten, die Jungs sind zwischen 8 und 18 Jahre alt. Es gibt aber auch Häuser mit jüngeren Kindern, der kleinste ist zwei und ist der absolute Liebling im ganzen Kinderheim. Neben je einem „German“ arbeiten in den Häusern noch jeweils eine „Tannie“ und bei den Jungshäusern noch ein „Manier“.

Mein Zimmer

Mein Arbeitsalltag sieht so aus: Sobald die Kinder aus der Schule kommen, so gegen 14 Uhr, starte ich mit Mittagessen austeilen, weiter geht’s mit der Study Time, in der ich den Jungs bei den Hausaufgaben helfe. Teilweise ziemlich stressig, weil die Jungs echt lahm und faul sind :D, aber auch ganz lustig und nebenbei lerne ich Afrikaans lesen, wenn ich mit einem der Jüngeren lesen übe. Afrikaans ist eine der elf Landessprachen Südafrikas, hauptsächlich von den Weißen gesprochen aber von jedem verstanden und Sprache Nummer 1 hier im Kinderheim. Afrikaans ist ein Holländisch-Abklatsch und ziemlich lustig anzuhören und noch lustiger zu sprechen. Man kommt auch sehr leicht in die Sprache rein, da viele Wörter sehr ähnlich zum Deutschen sind, was manchmal sehr hilfreich ist, wenn die Jungs was aushecken und denken ich verstehe sie nicht.
 Nach der Study Time gibt’s erst einmal die Free Time, in der kicken wir mit den Jungs eine Runde, gehen aufs Basketballfeld (sehr beliebt, hauptsächlich weil es auf der „Mädelsseite“ des Kinderheims liegt) oder - TOP-activity number 1 – wir gehen in den Pool. Der Pool hat erst vor wenigen Wochen aufgemacht, da er in der Winterzeit geschlossen wird und erst nach dem ersten Regen, als Zeichen dass der Sommer beginnt, wieder geöffnet wird. Und seitdem muss man sich mindestens 20 mal am Tag die Frage anhören, ob wir heute Schwimmen gehen können und wenn man nicht geht ist geht das Geschrei los.:D Aber ist trotzdem die beste Erfindung überhaupt, auch bestens dazu geeignet die Jungs dazu zu bewegen ihre Arbeiten im Haus zu erledigen (den Abwasch machen, Flur oder Zimmer fegen, Tische decken usw.), denn Poolverbot will sich niemand so gern einhandeln.
So gegen viertel vor 5 beginnt dann die Showertime der Juniors (von 8 bis 13), in der ich meine acht Kleinen zum Duschen bewege und aufpasse, dass sie keinen Mist anstellen, was sie ohne sicherlich machen würden. Um 5 kommt im Fernsehen Dragon Ball Z – absolutes Muss – und danach machen die Jungs freiwillig eine kleine Bibelsession und lesen eine kleine Stelle aus der Bibel. Finde ich ziemlich beeindruckend und auch cool, Glaube wird hier sowieso ziemlich groß geschrieben. So wird z.B. nach jedem Essen gebetet und jeden Sonntag gehen alle Kinder in die Kirche. Teilweise ist das aber auch ein bisschen kritisch zu betrachten, da sie schon sehr in ihrem Glauben festgefahren sind und die Bibel auch sehr wörtlich nehmen. Aber ich glaube, die Kinder brauchen diesen Halt einfach, da ja alle von ihnen quasi eine verkorkste Vergangenheit haben. Alle Kinder aus Abraham Kriel sind aufgrund eines Gerichtsbeschlusses hier, d.h. in der Familie gab es Gewalt, Missbrauch und dergleichen. Teilweise interessieren sich die Eltern einfach gar nicht für ihre Kinder und sie mussten seit sie 10 sind mehr oder weniger für sich selbst sorgen. Dann ist es umso beeindruckender, wenn die Kids zu Gott beten und sich bedanken, dass sie leben und darum bitten, dass er ihnen beisteht auf ihrem Lebensweg. Oder die Eltern sind einfach nicht fähig ein Kind groß zu ziehen und sind ständig betrunken oder zeigen ihren Kindern Pornos und haben Sex vor ihnen. Da ist es teilweise kaum erstaunlich, dass manche der Kinder richtig Probleme machen, es gab schon mehrere richtig krasse Vorfälle, aber die Kinder kennen es halt nicht anders. Die meisten dürfen aber über die Ferien oder manchmal ein Wochenende zurück nach Hause, oder kommen zu „Ferientannies“. In den Ferien zurück bleiben meist nur die schwarzen Kids, ansonsten ist es vollkommen durchgemischt, ca. 40 % weiße und 60% schwarze, macht aber zumindest hier im Kinderheim überhaupt keinen Unterschied, was schon mal super ist. Ansonsten erlebt man schon noch viele Überreste der Apartheid, z.B. ist das Office hier im Kinderheim nahezu komplett weiß, während die Gärtner usw. alle schwarz sind. Und man hört viel von wegen, dass die Weißen auf die Schwarzen schimpfen und umgekehrt. Man darf aber natürlich nicht pauschalisieren, es gibt viel Ausnahmen und wir verstehen uns mit Weißen wie mit Schwarzen super, wobei wir auch ein bisschen eine Abneigung gegen die „Buren“ (kurze Hosen, Badelatschen, Muskelprotze und Ansatz des Vokuhilas) entwickelt haben. Aber natürlich sind nicht alle Weißen so, genauso wenig wie, dass dir jeder Schwarze deinen Geldbeutel klaut. In der Hinsicht ist Potch im Gegensatz zu Pretoria oder Johannesburg ziemlich sicher, nach Ikageng sollte man trotzdem vielleicht nicht alleine gehen.
So, nach der Bibelstunde gibt es Abendessen und dann „Werkskammer“, die Kids müssen ihre Schulschuhe putzen und ihren Hemdkragen waschen und vorzeigen um ein sauberes Hemd für den nächsten Tag zu bekommen. Alle Schulen haben eine eigene Schuluniform und die Kinder sind auf ziemlich viele Schulen verteilt. Alle drei Wochen arbeite ich dann noch bis 9 und bring alle Kinder ins Bett und mache das Licht aus, im Wechsel dazu wecke ich ebenfalls alle drei Wochen um 4:30 (!!!) sie auf und schaue, dass alle zur Schule gehen.

Jedes zweite Wochenende habe ich Night Duty, das heißt ich muss über Nacht im Haus bleiben, einfach damit jemand da ist und Alec, mein „Manier“, auch einmal weg kann. Mit Alec verstehe ich mich super, ein cooler Kerl der jeden Tag in seine geliebte Gym geht und ab und zu auch schon recht laut wird, wenn die Jungs wieder Mist angestellt haben. Aber er hat das Haus echt richtig im Griff und ich bin echt froh mit ihm zusammen zu arbeiten. Die Tannie, Johanna, ist nur wenige Wochen vor mir gekommen, und kann nicht so ganz durchgreifen, ich verstehe mich aber mit ihr.
Und die Jungs sind mir schon teilweise echt ans Herz gewachsen. Zwar bauen sie echt viel Mist und manchmal ist es ziemlich stressig, aber sie sind schon top. Da ich quasi direkt mit ihnen zusammen lebe, mein Zimmer liegt genau zwischen den Jungszimmern, baut man natürlich automatisch ein engeres Verhältnis auf. Das heißt aber auch, dass man sobald man ins Haus kommt eigentlich arbeitet, da ständig jemand von einem was will. Aber dafür ist man ja da.
Auch eine Aufgabe ist das Wochenendprogramm, so fährt man mit den Jungs zum Beispiel Samstags in die Mall, zum Potch Dam ( eine Art Park an einem Stausee, nicht weit entfernt vom Kinderheim) und hat einen Braai (südafrikanische Bezeichnung für Grillen und ein richtiger Volkssport) oder dergleichen. Vor zwei Wochen haben wir Deutsche ein internes Soccer-Turnier organisiert. Dafür haben wir den Fußballplatz um Linien bereichert, Musikanlage organisiert, extra Abraham-Kriel-Soccer-Tournament-Medaillen organisiert und und und… War echt eine super Aktion, sogar die älteren Damen aus dem Office haben ein Team gestellt, was richtig lustig war. Und natürlich haben wir die deutsche Fußballehre verteidigt und mit Team Schland ordentlich abgeräumt. Wir wollten zwar ein Team der Jungs gewinnen lassen, aber dann hat sich das Team der Maniere als zu ergeizig herausgestellt und die konnten wir ja auch nicht gewinnen lassen;)

soccer-tournament

Vor ein paar Wochen habe ich mit meinen Jungs Gitarrenstunden angefangen, das ist bist jetzt ein voller Erfolg. Nachdem ich eine Gitarre hier gefunden habe und das Office überreden konnte noch drei zu kaufen, gebe ich jetzt unter der Woche mittlerweile schon fünf Vierergruppen Unterricht. Sind teilweise auch richtig motiviert und wollen ständig üben, manche haben auch echt Talent. Mit den Kleineren ist es natürlich anstrengender, aber mit den Großen macht es richtig Spaß.
Nächste Woche steht ein großes „Picnic“ hier im Kinderheim an. Da kommen sehr viele „celebrities“ das Heim besuchen, eine Aktion um die Leute zum Spenden zu bewegen. Kommt noch viel Arbeit auf uns zu, wir Deutschen müssen die ganzen Spiele usw. organisieren.
Mit den anderen Freiwilligen hier verstehe ich mich echt super, sind auch ziemlich viel Deutsche hier so an die 25 in Potch. Aber die Gruppe ist echt stark und neben der ganzen Arbeit bleibt auch genug Zeit das Potcher Nachtleben zu erkunden.. ist auch gut vorhanden, das Nachtleben… ;)

Urlaubsbericht


Sonnenuntergang im Kruger-National-Park

Vor rund vier Wochen hatten wir unseren ersten Urlaub, wir sind zu fünft zum Blyde River Canyon gefahren, einer der größten Canyons der Welt, haben Schluchten bewandert und Wasserfälle gesehen und auch einen Swing eine 80 Meter hohe Schlucht hinunter gemacht. An einem Tag sind wir in den Kruger-National-Park gefahren, war richtig stark. Wir haben auch so gut wie alles gesehen, Elefanten, Affen, Giraffen, Nashörner, Mpalas, Gnus, Büffel, Wilddogs, Schildkröten, Hyänen, Zebras und – richtig Hammer – einen Löwen mit gerissenem Büffel und lauernden Geiern. Am Tag darauf kam dann eine Rafting-Tour bei der wir an einem Baby-Krokodil vorbeigekommen sind. Landschaftstechnisch war das auch echt der Wahnsinn – Afrika pur, wie man es sich so vorstellt. Auch einfach jeder Sonnenuntergang in diesem Land ist super stark und wie gemalt.

Letztes Wochenende war ich mit Chris in Pretoria um ein paar andere Freiwillige zu besuchen, welche wir bei unserem Vorbereitungsseminar in Deutschland noch kennen gelernt haben. War auch richtig interessant einmal zu sehen wie die so leben, ich habe mich auch mit einem ehemaligen Lehrer von mir getroffen, dem Herrn Biermann, der jetzt eben in Pretoria lebt, und haben ein bisschen die Stadt besichtigt, in der zu der Zeit 70 000 Jacaranda-Bäume blühen und die Stadt in ein blau-lila Blütenmeer tauchen. War ein lustiger Trip, wir freuen uns aber schon alle richtig auf den Sommerurlaub im Dezember, da geht es über Silvester dann nach Kapstadt.

Sooo, tut mir Leid für diesen langen Eintrag und dass ihr so lange auf mich warten musstet. ;) Ich melde mich in ein paar Wochen einmal wieder!
Liebe Grüße an alle, und bis bald!


Dienstag, 16. August 2011

Abreise

Es geht los: Heute Abend geht der Flieger nach Johannesburg. Dort angekommen geht es erst einmal auf das On-Arrival Seminar, sobald ich Zeit habe kommt ein ausführlicher Bericht von meinen ersten Eindrücken usw. :)